BGH: Photovoltaik-Module in Freiland-Photovoltaikanlagen können sonderrechtsfähig sein


BGH: Photovoltaik-Module in Freiland-Photovoltaikanlagen können sonderrechtsfähig sein

BGH: Photovoltaik-Module in Freiland-Photovoltaikanlagen können sonderrechtsfähig sein

Unter welchen Voraussetzungen Solarmodule, die in eine Freiland-Photovoltaikanlage eingebaut sind, Gegenstand besonderer Rechte sein können, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in vier Urteilen vom 22.10.2021 erstmals beurteilt.

Hintergrund der Verfahren (Az. V ZR 225/19, V ZR 8/20, V ZR 44/20 und V ZR 69/20) waren die Klagen des Insolvenzverwalters einer Gesellschaft auf Feststellung, dass die beklagten Kapitalanleger nicht Eigentum an den Photovoltaik-Modulen erworben haben. Die insolvente Gesellschaft hatte im Jahr 2010 eine Freiland-Photovoltaikanlage mit insgesamt 5.000 Modulen und neun Wechselrichtern erworben, die auf dem Grundstück eines Dritten errichtet war, und erhielt ein vertragliches Nutzungsrecht am Grundstück. Die Gesellschaft verkaufte die Module der Anlage an 65 Kapitalanleger. In den Kaufverträgen war vereinbart, dass der jeweilige Kapitalanleger das Eigentum an einer bestimmten Zahl von Modulen, zudem einen Miteigentumsanteil an der Unterkonstruktion der Anlage erwerben solle. Parallel dazu vermieteten die Anleger die Module an ein Tochterunternehmen der Gesellschaft zurück. 2016 wurde das Insolvenzverfahren über die Gesellschaft eröffnet; der Kläger beabsichtigt die Verwertung der Module zugunsten der Insolvenzmasse.

Der Kläger hatte lediglich in einem der Verfahren (Az. V ZR 44/20) vor dem OLG Karlsruhe Erfolg, die Oberlandesgerichte München und Bamberg hatten dagegen zugunsten der Anleger entschieden.

Der u.a. für das Sachenrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hat eingangs festgehalten, dass der Eigentumserwerb der Beklagten gem. §§ 93, 94 Abs. 1, Abs. 2 BGB u.a. voraussetze, dass die Solarmodule im Zeitpunkt der Übereignung weder wesentliche Bestandteile des Grundstücks noch der Photovoltaikanlage, mithin sonderrechtsfähig, waren.

Die Photovoltaikanlage selbst und folglich die Module seien jedenfalls nicht nach § 94 Abs. 1 BGB wesentliche Bestandteile des Grundstücks, da die Anlage nicht fest verbunden mit dem Grundstück oder dessen Scheinbestandteil sei. Dies folge aus dem Nutzungsvertrag, der vorsehe, dass die Anlage nach dem Laufzeitende abzubauen sei.

Die Photovoltaikanlage sei nicht als Gebäude anzusehen, so dass die Module nicht nach § 94 Abs. 2 BGB wesentliche Bestandteile der Anlage seien. Denn ein Gebäude meine in diesem Zusammenhang ein Bauwerk, d.h. etwas mit klassischen Baustoffen „Gebautes“, das eine Größe und Komplexität habe, durch die die Beseitigung mit der Zerstörung oder wesentlichen Beschädigung und dem Funktionsverlust der Sache einhergehe. Die in Streit stehende Solaranlage bestehe jedoch aus einer gerüstähnlichen Aufständerung aus Stangen oder Schienen mit darin eingesetzten Photovoltaikmodulen. Dies stelle kein Gebäude Im Sinne des § 94 BGB dar.

Nach Auffassung des BGH könnten die Module jedoch nach § 93 BGB wesentliche Bestandteile der Anlage sein. Dies sei in den entschiedenen Fällen, in denen es darum gehe, ob ein Recht eines Dritten an einem Bestandteil begründet werden könne, nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Rechts und danach zu beurteilen, welche Folgen der hypothetische Ausbau der Module in diesem Moment gehabt hätte. Könnten die Module in der bisherigen Anlage durch andere ersetzt und selbst in anderen Anlagen verbaut werden, seien sie sonderrechtsfähig. Dies sei bei einer kurzen Zeitspanne zwischen Errichtung der Photovoltaikanlage und Veräußerung der Module zu vermuten; der Anleger könne aber das Gegenteil beweisen.

Unerheblich für diese Beurteilung sei, ob der Ausbau von Solarmodulen zum Wegfall oder (wegen Änderung des Fertigstellungstermins) zur Verringerung der EEG-Einspeisevergütung führe.

Ferner hält der BGH fest, dass § 95 Abs. 1 BGB nicht auf bewegliche Sachen anzuwenden ist, weshalb Module, wenn sie als wesentliche Bestandteile zu beurteilen seien, keine Scheinbestandteile der Anlage sein können.

Schließlich weist der V. Zivilsenat darauf hin, dass die jeweils veräußerten Module in den Lageplänen zur Veräußerung beruhte, hinreichend klar gekennzeichnet sein müssen, um dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu genügen.

Daher hat der BGH sämtliche Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren zur weiteren Sachverhaltsermittlung zurückverwiesen (Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 192/2021).