Wahrheitsgemäße Eintragung in der Lost-Art-Datenbank verletzt Eigentum an einem Kunstwerk nicht


Wahrheitsgemäße Eintragung in der Lost-Art-Datenbank verletzt Eigentum an einem Kunstwerk nicht

Wahrheitsgemäße Eintragung in der Lost-Art-Datenbank verletzt Eigentum an einem Kunstwerk nicht

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Eintragung eines Kunstwerks in einer Datenbank für in der Zeit des Nationalsozialismus verlorene Kunst den Eigentümer eines Gemäldes nicht in seinem Eigentumsrecht verletzt, wenn die Suchmeldung auf wahren Tatsachen beruht. Ein Anspruch auf Unterlassung einer Eintragung in der Lost-Art-Datenbank besteht gegen den Meldenden nicht.

Der klagende Kunstsammler hatte Ende der 1990er Jahre ein Gemälde erworben, das sich von 1931 bis 1937 im Besitz einer bestimmten Galerie befunden hatte. Der namentlich bekannte jüdische Galerist und Kunsthändler unterlag ab 1935 einem Berufsverbot und verkaufte das Gemälde 1937 an einen Dritten, wenige Monate, bevor er zur Aufgabe seiner Galerie gezwungen wurde und nach Kanada emigrierte. Sein Nachlass wird von einem kanadischen Trust verwaltet. Die beklagten Treuhänder des Trusts hatten 2016 eine Suchmeldung für das Gemälde bei der Lost-Art-Datenbank veranlasst, die im Internet veröffentlicht ist. Die Datenbank wird von einer Stiftung betrieben, die Kulturgüter dokumentiert, die insbesondere jüdischen Eigentümern aufgrund der Verfolgung durch den Nationalsozialismus entzogen wurden bzw. für die ein solcher Entzug nicht ausgeschlossen werden kann. Die Stiftung hat zum Ziel, Kontakte zwischen früheren Eigentümern von Kulturgütern bzw. deren Erben und den aktuellen Besitzern herzustellen und zur Schaffung fairer Lösungen beizutragen. Der Kläger erfuhr anlässlich einer Ausstellung von der Suchmeldung und einer in Kanada veranlassten Interpol-Fahndung nach dem Bild. Er hat in dem Verfahren von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, sich als Eigentümer des Gemäldes auszugeben, hilfsweise, die Löschung der Suchmeldung zu bewirken.

Die Klage ist in allen Instanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.07.2023 (V ZR 112/22) zunächst ausgeführt, dass die Beklagten sich bereits nicht des Eigentums an dem Gemälde berühmten, weshalb ein diesbezüglicher Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB nicht bestehe. Die Suchmeldung in der Lost-Art-Datenbank knüpfe nur an das frühere Eigentum des Galeristen an, diene zudem der Kontaktaufnahme zwischen den Erben und den aktuellen Besitzern des Kulturguts und damit einer Lösung im Sinne der Washingtoner Erklärung aus 1998 über den Umgang mit während der NS-Zeit abhanden gekommenen Kunstwerken. Eine Aussage über das aktuelle Eigentum oder Ansprüche daraus sei damit nicht verknüpft. Dasselbe gelte, da die Suchmeldung auf wahren Angaben beruhe, für die Aufnahme des Gemäldes in die Fahndungsdatenbank von Interpol, die ebenfalls nur an dessen Abhandenkommen 1937 anknüpfe. Anders verhalte es sich auch nicht deswegen, da Länder wie Kanada an das verfolgungsbedingte Abhandenkommen von Kulturgütern und spätere Erwerbe andere Rechtsfolgen knüpften und der Kläger mit polizeilichen Maßnahmen rechnen müsste, wenn er das Gemälde beispielsweise nach Kanada verbringen würde. Denn die rechtliche Bewertung bleibe den Behörden der jeweiligen Länder vorbehalten.

Der Kläger könne von den Beklagten auch nicht nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, die Löschung der Suchmeldung in der Lost-Art-Datenbank zu veranlassen. Die Suchmeldung beeinträchtige das Eigentum an dem Kunstwerk jedenfalls rechtlich betrachtet nicht, wenn sie auf wahren Tatsachen beruhe. Ein Betroffener müsse die Behauptung und Verbreitung wahrer Tatsachen in der Regel hinnehmen, auch wenn dies für ihn nachteilig sei. Regelmäßig überwiege das berechtigte Interesse früherer Eigentümer von Kulturgut bzw. ihrer Erben und auch das öffentliche Interesse an der Provenienz NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter das Interesse des gegenwärtigen Eigentümers an der Geheimhaltung dieser Tatsachen jedenfalls dann, wenn letzteres allein auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhe. Wegen der Umstände des Verkaufs im Jahr 1937 werde nach § 44 S. 1 Nr. 1 des Kulturgutschutzgesetzes zumindest vermutet, dass das Gemälde dem früheren Eigentümer NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde. Die Suchmeldung mache nur publik, was ohnehin vermutet werde. Anders könne die Verbreitung unwahrer Tatsachen zu bewerten sein, die in dem entschiedenen Fall aber keine Rolle spielte.

Gegen den Veranlasser einer Suchmeldung bestehe auch kein Folgenbeseitigungsanspruch wegen staatlichen Informationshandelns. Ein etwaiger solcher Anspruch könnte den Betreiber der Datenbank treffen, worüber jedoch ebenfalls nicht zu entscheiden war.