Leistung der Betriebsschließungsversicherung bei Verweis auf die in §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Erreger


Leistung der Betriebsschließungsversicherung bei Verweis auf die in §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Erreger

Leistung der Betriebsschließungsversicherung bei Verweis auf die in §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Erreger

In der Corona-Pandemie können Betriebsschließungsversicherungen dann zur Leistung verpflichtet sein, wenn die Versicherungsbedingungen zur Beschreibung des Versicherungsumfangs ohne eigenen Katalog von Krankheiten auf die in §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) namentlich genannten Krankheiten und Erreger verweisen. Das gilt für Betriebsschließungen seit der Aufnahme des Corona-Virus SARS-CoV-2 bzw. Covid-19 in diese Normen Ende Mai 2020.

Zum wiederholten Male hat sich der Bundesgerichtshof mit der Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Pandemie befasst. Nachdem der IV. Zivilsenat am 26.01.2022 (IV ZR 144/21) entschieden hatte, dass eine namentliche Aufzählung der der Versicherung unterfallenden Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen bindend ist, stellte sich nun die Frage, inwieweit ein Anspruch aus der Betriebsschließungsversicherung besteht, wenn die Versicherungsbedingungen keinen Katalog von Krankheiten und Erregern enthalten, sondern auf §§ 6 und 7 IfSG Bezug nehmen.

Der klagende Hotelbetreiber machte die Zahlung von Entschädigungsleistungen wegen der teilweisen Einstellung des Hotelbetriebs (für touristische Zwecke) vom 18.03. bis 25.05.2020 sowie im Rahmen einer Feststellungsklage wegen der erneuten Betriebsschließung ab dem 02.11.2020 geltend. Die Versicherungsbedingungen (BBSG 19) enthielten unter der Bestimmung zu den versicherten Gefahren und Schäden im Unterpunkt „meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger“ die Formulierung

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger, ausgenommen sind jedoch humane spongiforme Enzephalopathien nach § 6 (1) 1. d) IfSG.“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit Urteil vom 18.01.2023 (IV ZR 465/21) das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt, wonach zwar während des ersten sog. Lockdowns ab Mitte März 2020 kein Anspruch des Versicherungsnehmers auf Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung bestehe, aber ab dem zweiten sog. Lockdown, nachdem §§ 6 und 7 IfSG geändert worden waren.

Die Bezugnahme der Versicherungsbedingungen auf die in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Erreger sei dahin zu verstehen, dass nicht nur die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dort aufgeführten Krankheiten und Erreger der Versicherung unterfallen, sondern diejenigen, die bei Eintritt eines Versicherungsfalls, d.h. Anordnung einer Betriebsschließung, jeweils in den §§ 6 und 7 IfSG aufgelistet seien.

Denn die Versicherungsbedingungen nähmen mehrfach auf das IfSG Bezug, ohne anzugeben, welche Gesetzesfassung oder welcher Zeitpunkt zugrunde zu legen sei. Daher könne der Versicherungsnehmer die Bestimmung sowohl als Bezugnahme auf die Rechtslage bei Abschluss des Versicherungsvertrags als auch auf die jeweils bei Eintritt eines Versicherungsfalls maßgebliche Rechtslage verstehen. Daher greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ein, wonach die für den Vertragspartner des AGB-Verwenders günstigere Auslegung anzuwenden ist.

Die Krankheit Covid-19 und der Krankheitserreger SARS-CoV-2 werden seit dem 23.05.2020 (mit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.05.2020) in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. t und § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 44a IfSG namentlich genannt. Daher sei die beklagte Versicherung wegen der zweiten Betriebsschließung ab November 2020 leistungspflichtig.

Allerdings habe während des am 23.05.2020 endenden ersten sog. Lockdowns keine Leistungspflicht bestanden. Nach der Formulierung der Versicherungsbedingungen müssten die Krankheiten bzw. Erreger in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannt sein. Hierfür genüge eine Rechtsverordnung nicht, die bereits im Februar 2020 auf der Grundlage von § 15 IfSG die Meldepflichten aus §§ 6 und 7 IfSG auf den Verdacht, die Erkrankung und den Tod im Hinblick auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 erweitert habe. Dieses Verständnis erschließe sich auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer. Für ihn bedeute es zwar keinen Unterschied, ob Krankheiten bzw. Erreger in den Normen des IfSG unmittelbar oder in einer darauf beruhenden Rechtsverordnung genannt werden. Es stehe dem Versicherer aber frei, seine Leistungspflicht auf erstere zu beschränken. Die Klausel sei insoweit unmissverständlich und nicht intransparent. Dem Versicherungsnehmer werde nicht der Eindruck vermittelt, der Versicherungsschutz umfasse jede Betriebsschließung nach dem IfSG.