BGH: keine Amtshaftung der BaFin im Fall Wirecard


BGH: keine Amtshaftung der BaFin im Fall Wirecard

BGH: keine Amtshaftung der BaFin im Fall Wirecard

Der Bundesgerichtshof hat im sogenannten Wirecard-Skandal entschieden, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihre Pflichten zur Aufsicht über die Einhaltung u.a. der Vorschriften über das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), insbesondere die Bilanzkontrolle und die Marktmissbrauchsüberwachung, nicht verletzt hat.

Die BaFin hafte daher nicht für Verluste von Anlegern im Zusammenhang mit der Wirecard-Insolvenz. Auch ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch bestehe nicht.

Da die Wirecard AG selbst keine Finanzdienstleisterin sei, habe der BaFin insbesondere die Bilanzkontrolle oblegen.

Zunächst hat der BGH in dem Beschluss vom 10.01.2024 (III ZR 57/23) klargestellt, dass die Haftung der BaFin entsprechend der bisherigen Rechtsprechung nach Amtshaftungsgrundsätzen zu beurteilen ist. Maßgeblich ist dabei die ex-ante-Sicht anhand des jeweiligen Kenntnisstands im Zeitpunkt der damaligen Prüfungen.

Im Grundsatz sei es nicht zu beanstanden, dass die BaFin sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben teilweise eines privatrechtlich organisierten Vereins, der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) bediente. Das zweistufige Verfahren nach §§ 37n ff. WpHG a.F. bzw. §§ 106 ff. WpHG (in der ab 03.01.2018 geltenden Fassung), in dem die BaFin erst auf der zweiten Stufe unmittelbar zuständig war, wenn ein Unternehmen die Kooperation mit der DPR ablehnte oder erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Prüfung der DPR bestanden, sei ausreichend. So müssten Unternehmen nach § 342b Abs. 4 Satz 1 HGB a.F. der DPR auf Verlangen Auskünfte erteilen und die DPR bei Verdacht auf Straftaten Anzeige erstatten.

Der BGH hat zudem darauf hingewiesen, dass das Gesetz mit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ("konkrete Anhaltspunkte", "erhebliche Zweifel") der BaFin einen Beurteilungsspielraum zugewiesen habe. Das Gericht könne daher nicht prüfen, ob das Handeln der BaFin richtig war - es gebe mehrere richtige Verhaltensweisen -, sondern nur, ob das Handeln der BaFin vertretbar war.

Im Weiteren hat der BGH die für die einzelnen Zeiträume jeweils näher geprüft, wann die BaFin auf welche Informationen (etwa Presseberichte, Verschieben des Wirtschaftsprüfer-Testats) in welchem Umfang reagiert hat. Dies sei jeweils vertretbar gewesen, u.a. die Anforderung einer Prüfung des verkürzten Konzernabschlusses nach § 108 Abs. 2 WpHG a.F., die Anweisung an die DPR, bestimmte Presseberichte bei der Prüfung zu berücksichtigen, die Prüfung wegen des Verdachts der Marktmanipulation, Amtshilfeersuchen an die malaysischen Behörden und eine Information an die Staatsanwaltschaft München. Das gelte unabhängig davon, ob die Generalklausel des § 6 WpHG a.F. von §§ 106 ff. WpHG a.F. als speziellere Normen verdrängt werde.

In Ermangelung von Zweifeln an der Bilanzkontrolle der DPR komme es schließlich nicht darauf an, ob die Marktmissbrauchsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 596/2014) oder die Transparenzrichtlinie (RL 2004/109/EG) dahin auszulegen seien, dass schon einfache Zweifel an der Bilanzkontrolle eine unmittelbare Prüfpflicht der BaFin auslösten.