BGH: Hohe Anforderungen an Beihilfe zu einer unterbliebenen oder unrichtigen Kapitalmarktinformation


BGH: Hohe Anforderungen an Beihilfe zu einer unterbliebenen oder unrichtigen Kapitalmarktinformation

BGH: Hohe Anforderungen an Beihilfe zu einer unterbliebenen oder unrichtigen Kapitalmarktinformation

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 20.07.2021 die Anforderungen an die Verurteilung wegen Beihilfe zur unterlassenen oder unrichtigen Kapitalmarktinformation konkretisiert. Danach ist der Beihilfebegriff eng am Wortsinn auszulegen und erfasst nicht bereits Handlungen, die eine Unterrichtungspflicht überhaupt erst auslösen.

Anlass für die Entscheidung (Az. II ZR 152/20) war die auf Schadenersatz gerichtete Klage von Aktionären der Volkswagen AG gegen den Zulieferer Bosch GmbH wegen der Herstellung und Lieferung der Software, die im sog. Dieselskandal zur Prüfstanderkennung und Anpassung der Abgasrückführung verwendet wurde (Quelle: Pressemitteilung Nr. 139/2021 des BGH). Die Kläger hatten im Dezember 2013 Aktien der Volkswagen AG für € 12.234,60 erworben. Am 03.09.2015 räumte die VW AG zunächst gegenüber US-amerikanischen Behörden die Verwendung der Software, die auf dem Prüfstand geringere Abgaswerte veranlasste, in Fahrzeugen mit bestimmten Dieselmotoren ein. Die Kläger veräußerten die Aktien am 21.09.2015 für € 8.474,40. Am 22. und 23.09.2015 veröffentlichte die VW AG Ad-Hoc-Meldungen, mit denen sie die Öffentlichkeit über die verwendete Software informierte.

Mit der in den ersten beiden Instanzen erfolglosen Klage begehrten die Kläger die Zahlung des Differenzbetrags zwischen Erwerbsaufwand und Veräußerungserlös für die Aktien. Zur Begründung argumentierten sie, der beklagte Zulieferer habe mit der Lieferung der Software Beihilfe zur unterbliebenen bzw. verspäteten Information des Kapitalmarkts durch die VW AG geleistet und hierdurch die Kläger geschädigt.

Der II. Zivilsenat des BGH hat Schadenersatzansprüche der Aktionäre der Volkswagen AG gegen den Zulieferer ebenfalls verneint. Eine Beihilfehandlung nach § 830 Abs. 2 BGB stelle die Softwarelieferung nicht dar. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch habe die Beklagte keine der VW AG vorgeworfenen Kapitalmarktdelikte gefördert oder erleichtert. Vielmehr könnte die Lieferung der Software eine Pflicht zur Unterrichtung überhaupt erst mitbegründet haben.

Auch aus Gründen des Rechtsgüterschutzes sei eine Auslegung des Beihilfebegriffs, die die Grenzen des Wortsinns ausreize oder gar überdehne, nicht geboten. Beeinträchtigt werde der Schutz der Aktionäre und potentieller Anleger vor einer unrichtigen Darstellung der Unternehmensverhältnisse nicht schon durch die Softwarelieferung, sondern erst durch die pflichtwidrig verspätete Information über die Verwendung der Software zur Abgassteuerung.

Offen gelassen hat der BGH, ob die VW AG den Kapitalmarkt verspätet über die Verwendung der Motorsteuerungssoftware unterrichtet hat.